Slowenien

Wo Karawankenbären fliegen – Imkerei in Slowenien

Ein kleines Holzhaus mit bunten Bienenstöcken steht an einem Hang unter Bäumen
Allerorten begegnet man in Slowenien farbenfrohen Bienenhäusern (© Matthias Jacob)

Wohl kein anderes Land hat pro Kopf so viele Imker wie Slowenien. 11 000 Menschen halten hier Bienen. Aber nur etwa 100 betreiben die Imkerei hauptberuflich, die meisten sind Hobbyimker. Sogar auf manchen Dächern Ljubljanas stehen Bienenstöcke. Die Liebe zu den Bienen und zum Honig wird schon den Kindern nahegebracht. Gefördert von den slowenischen Imkervereinen, genießen sie in Kindergärten und Schulen den Honig beim traditionellen Frühstück.

In Radovljica informiert seit 1960 ein Imkereimuseum (Čebelarski muzej) über die Bienenzucht. Dort sind auch volkstümlich bemalte Bienenstockbretter zu sehen. In Slowenien gibt es Alpen-, Kontinental- und Karstbienenstöcke. Die beiden ersten sind vollständig aus Holz, der dritte ist aus Steinen gemauert.

Die mit bäuerlicher Malerei verzierten Stirnbrettchen erleichtern den Bienen die Orientierung und den Imkern die Unterscheidung der Stöcke. Das älteste datierte bemalte Bienenbrett stammt von 1758 und zeigt die Muttergottes mit dem Kind. Häufige Motive sind biblische Geschichten und Heilige, historische Ereignisse wie der Kongress der »Heiligen Allianz« (1821) in Ljubljana, Alltagsszenen wie die Rückkehr eines betrunkenen Ehemanns aus dem Wirtshaus sowie satirische Darstellungen, in denen meist Berufe verspottet werden, wie der Jäger, der von seinen Beutetieren zu Grabe getragen wird.

Freundlich und fleißig – der Kleine graue Karawankenbär

Die Imkerei hat in ganz Slowenien eine über 600-jährige Tradition: Die im 19. Jahrhundert gezüchtete Krainer Biene (Carnica), der »Kleine graue Karawankenbär«, ist heute weltweit die zweithäufigste Bienenrasse und die führende in Europa.

Sie gilt als sanftmütig und besonders emsig. Ihre große Volksstärke bewirkt einen hohen Honigertrag. Bei der Überwinterung braucht sie nur wenig Futter und im Frühjahr vermehren sich ihre Völker rasch. Im Sommer fliegt die Krainer Biene durchschnittlich zehn Tage mehr auf die Weide als andere Bienen. In Slowenien ist sie geschützt, die Zucht anderer Bienenarten ist nicht erlaubt.

Am Fuße des Stol, nicht weit vom Imkereimuseum Radovljica, befindet sich die Königinnenzuchtstation »Anton Janša Zelenica«. Die dort gezüchteten Königinnen sind ein weltweit begehrter Exportschlager geworden und kosten etwa 50 Euro pro Stück.

Gestapelte rote und gelbe Bienenstöcke mit bemalten Stirnbrettchen
Die Bemalung der Bienenstockbrettchen hat nicht nur ästhetische Gründe (© Matthias Jacob)

Ein Pionier der modernen Bienenzucht

Bereits seit seiner Kindheit begeisterte sich der in Greznica (Oberkrain) geborene Anton Janša (1734–1773) für die Imkerei. 1770 wurde er zum Leiter und Dozent der k.u.k Imkerschule in Wien berufen, verfasste zahlreiche Monografien über Bienenzucht und Imkerei. Er gilt als Erfinder der Zargenbetriebsweise, die es erlaubt, die rückwärtige Wand des Bienenstocks zu verschieben und ihn damit der Volksstärke anzupassen.

Janša empfahl bereits, dass man die Bienen zu den Weideplätzen fahren solle, um durch die Nutzung verschiedener Trachten bessere Honigernten zu erzielen. Aus den in der Krain üblichen horizontal ausgerichteten Bienenstöcken entwickelte Janša den »Krainischen« (Krainer Bauernstock) mit abnehmbaren Boden- und Stirnbrettern, was die Inspektion der Bienenvölker sowie den Transport und die Stapelbarkeit der Stöcke erleichtert. Für die Bienenstöcke baute man im windgeschützten Bereich des Obstgartens ein kleines Holzhaus, dessen Dach alle Bienenvölker vor Schnee und Kälte, aber auch vor extremer Hitze schützt.

Janšas auf Deutsch verfasste Vollständige Lehre von der Bienenzucht (1775) erschien 1792 in Celje in einer slowenischen Übersetzung durch den steirischen Imker und Pfarrer Janez Goličnik (1737–1807). Dieses Buch über Bienenzucht ist der erste slowenischsprachige wissenschaftliche Text überhaupt und war 40 Jahre lang der einzige gedruckte Leitfaden zur Bienenhaltung in Slowenien.

Erzherzogin Maria-Theresia bestimmte in einem Erlass, dass im ganzen Land die Imkerei nach den Prinzipien des slowenischen Meisters Janša betrieben werden soll. Zu Ehren Anton Janšas legten die Vereinten Nationen den Weltbienentag auf seinen Geburtstag, den 20. Mai. In Breznica bei Žirovnica kann man das rekonstruierte Bienenhaus Janšas besichtigen.

Ebenfalls Priester und Imker war Peter Pavel Glavar (1721–1784). Auf seinem Landsitz Schloss Lanšprež in Mittelkrain betrieb er eine Imkerei mit etwa 200 Bienenstöcken. Seine bereits in den 1770er Jahren verfasste Übersetzung von Janšas Abhandlung über die Bienenzucht wurde leider nicht gedruckt.

Exportschlager Bienenkönigin

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich auch in Slowenien mit einer neuen Art der Bienenhaltung die Aufzucht von Bienenschwärmen und Bienenfamilien zum Verkauf. Die ersten Bienen wurden 1857 von Baron Rotschitz aus Višnja Gora aus Krain in seine Heimat Dortmund in Deutschland geschickt. Bald prosperierte der Handel mit Bienenköniginnen und 1901 waren 21 slowenische Kaufleute am Bienenexport beteiligt.

Um die Kästen stapeln zu können und damit den Transport beim Wandern der Bienen zu erleichtern, erfand Anton Žnideršič (1874–1947), slowenischer Imker und Geschäftsmann, um die Jahrhundertwende einen neuen Bienenkasten, den man oben öffnen konnte. Da Žnideršič sich dabei von dem Deutschen Imker und Lehrer Adolf Alberti inspirieren ließ, nennt man diese Form der Bienenbeute nach den Initialen ihrer beider Namen »AŽ«.

Cover Trescher-Reiseführer Slowenien 2024

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer SLOWENIEN von Matthias Jacob.

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